Stimuluseffekte beim Richtungshören mit Cochlea Implantaten in Räumen geben Hinweise für neue Verarbeitungsstrategien Bernhard U. Seeber und Stefan Kerber MRC Institute of Hearing Research, Nottingham, UK Cochlea Implantate (CIs) ermöglichen vielen tauben Personen Sprache in ruhiger Umgebung zu verstehen. Hintergrundschalle und Raumhall erschweren jedoch das Sprachverständnis oder machen es sogar umöglich. Mit bilateralen CIs verbessert sich das Sprachverstehen zumeist, insbesondere wenn Sprache und Störschall räumlich separiert sind. Bilaterale CIs ermöglichen weiterhin, Schallrichtungen zu bestimmen. Es ist jedoch fraglich, inwieweit die Lokalisation in natürlichen Umgebungen mit Raumhall möglich ist, nicht nur weil die Patienten berichten, dass Raumhall problematisch ist, sondern auch weil die Lokalisation mit CIs überwiegend auf der Auswertung von interauralen Pegeldifferenzen basiert. Bei Normalhörenden sind dagegen interaurale Zeitdifferenzen ausschlaggebend. In der vorliegenden Studie wurde der Einfluss von Raumhall auf die Schalllokalisation mit verschiedenen Stimuli untersucht. Die Untersuchungen fanden in der “Simulated Open Field Environment” statt, einer Laborumgebung in einem reflexionsarmen Raum, mit der das Schallfeld von Räumen wiedergegeben werden kann. Dazu wurden die Schallreflexionen an den Wänden eines üblichen Wohnraumes simuliert und einzeln über Lautsprecher abgespielt, wobei u.a. die Laufzeit, die entfernungsabhängige Dämpfung und die spektralen Effekte bei der Reflexion berücksichtigt wurden. Die Halligkeit des Raumes wurde über das Verhältnis von Direktschall zu reflektierter Energie (DRR) variiert, wobei das Reflexionsmuster konstant gelassen wurde, um Einflüsse der Richtung der frühen Reflexionen auszuschliessen. Es nahmen zehn Probanden mit bilateralen CIs teil. Bereits moderater Raumhall wirkte sich stark auf das Lokalisationsvermögen mit CIs aus. Eine Beeinträchtigung war ab einem DRR von 0 bis +10 dB, je nach Proband, für einen Sprachschall nachzuweisen. Raumhall hatte dagegen keinen Einfluss auf die Lokalisation von normalhörenden Probanden, sofern das DRR grösser als -8 dB war. CI-Träger können somit ca. 10 dB weniger Raumhall tolerieren, was bei der Gestaltung von Lernumgebungen für diese Gruppe berücksichtigt werden sollte. Ein weiterer Vorschlag zur Verbesserung des Richtungshörens in reflexionsbehafteter Umgebung kann von den Ergebnissen für pulsatile Stimuli abgeleitet werden. Einige Patienten zeigten für diese eine deutlich verbesserte Toleranz gegenüber Reflexionen, die bei manchen sogar an die von normalhörenden Probanden heran reichte. Sie konnten offensichtlich Information aus dem scharfen Schallanstieg am Beginn entnehmen, bevor die eintreffenden Reflexionen die binaurale Information veränderten. In neuen Strategien sollte daher der Schallanstieg steiler gemacht werden, um die perzeptive Gewichtung der binauralen Information am Schallbeginn zu erhöhen. Gefördert vom Medical Research Council (UK) und Cochlear Europe.